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1. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 210

1911 - Erfurt : Keyser
— 210 — Feldlager verwandelt, und zahllose Wachtfeuer lohten mit qualmender Flamme zum wetterschwarzen Nachthimmel empor. Selbst die Domstufen dienten als Schlafstätte, und auf den Steinfliesen der Häuser brannten die Lagerfeuer und ruhten die Soldaten. Pferde und Menschen lagen nebeneinander, ermattet von den Anstrengungen der Flucht und dem ausgestandenen Hunger. Alle Läden waren geschlossen. In höchster Eile brachten die Bürger ihre Habseligkeiten, die letzten Reste aus der langen Erpressungszeit, in sichere Verwahrung. Sie fürchteten eine allgemeine Plünderung, da bekannt geworden war, daß die fliehenden Franzosen die Dörfer ausgeraubt hatten. Es war darum ein Glück für die Stadt, daß der Kaiser in diesen Tagen mit feinem Gefolge in ihr Aufenthalt nahm. Auf seinen Befehl durchstreiften zahlreiche Wachen nach allen Richtungen die Stadt und nahmen alle, die sich einfallen ließen, Sicherheit und Ruhe zu stören, in Haft und schafften sie ins Biwak. Unterdessen dauerte der Durchzug der geschlagenen Armee weiter fort und schien tatsächlich kein Ende nehmen zu wollen. Am Tage übertraf das Truppengewühl in den Straßen vom Anger bis zum Brühlertor alles bisher Gesehene. Nur in den Nachtstunden wurde es etwas ruhiger, da ein kaiserlicher Befehl für diese Zeit die Tore selbst feinen Soldaten sperrte. Die fliehende Armee mußte in der Nacht außerhalb der Stadt vorübermar-fchiereu. Abreise Napoleons: In der Nacht vom 24. zum 25. Oktober verließ Napoleon die Stadt; denn die Preußen und Verbündeten waren ihr bedenklich nahe gekommen. Der Donner ihrer Geschütze rollte schon aus der Ferne herüber, selbst das Knattern des Gewehrfeuers war deutlich hörbar. So wurden schnell die Zelte niedergerissen, die Tornister gepackt und die Gewehre geschultert. Kurz nach Mitternacht marschierte eine Abteilung der kaiserlichen Garde vor der Hosstatt auf und nahm zu beiden Seiten des Eingangs Ausstellung. Dann fuhr der Reifewagen des Kaisers vor. Ihm folgte eine endlose Reihe von Kutschen. Diener mit Pechfackeln bildeten eine Ehrengasse bis zum Wagen. Nachdem dann ein lauter Trommelwirbel gerührt war, trat der Kaiser mit einem reichen Gefolge von Marschällen und Adjutanten aus dem hohen Tor. Den Kopf bedeckte der kleine Dreispitz. Des Kaisers Züge waren finster und bleich. Sein Blick streifte flüchtig die Menge. Fester schlug er den Wettermantel um sich und bestieg den Wagen. Ein General war sein Reisebegleiter. Vom Turm der nahen Wigbertikirche kündete mit dumpfen Schlägen die Glocke die zweite Stunde der Nacht. Gerade jetzt dröhnte der Widerhall des Gefchützfeuers der Preußen und ihrer Verbündeten gewaltiger über die Stadt. Langsam fetzte sich der Zug der Wagen in Bewegung. Das Auge des Kaisers starrte schweigend in die finstere Nacht. Dachte er viel-

2. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 173

1911 - Erfurt : Keyser
— 173 - Der Troß, den die Franzmänner mit sich führten, war ungeheuer. Fast jeder gemeine Soldat hatte einen Betteljungen mitgebracht, welcher ihm die Tabakspfeife anzünden oder andere kleine Dienste leisten mußte. In der Nacht vom 12. zum 13. September verließen die Reichstruppeu und Franzosen die Stadt und ihre Umgebung, da sie von dem Heranrücken der Preußen Meldung erhallen hatten. (Nach Eonst. Beyer.) 59. Friedrichs Ii. Einzug in Erfurt und lein Aufenthalt im Erfurter Gebiet. 1757. Anmarsch der Preußen: Am 13. September gegen 10 Uhr vormittags erblickte man aus den Feldern im Osten der Stadt einige preußische Husaren. Nicht lange danach verbreitete sich das Gerücht, die preußische Vorhut sei von Sachsen her im Anzuge. Die Nachricht fand auch bald ihre Bestätigung; denn auf der Feste wurden 3 Kanonenschüsse gelöst und alle Tore Wohl verschlossen. Ueber die Weinberge vor dem Krämpfertore kamen die Preußen heranmarschiert. Ein Trompeter näherte sich allein der Stadt und begehrte Einlaß. Nach langer Beratung öffnete sich sür ihn das Tor, und er wurde in die Statthalterei und von da aus den Petersberg geführt. Nachdem aber erst zwei Ersnrter Gesandte mit den preußischen Befehlshabern verhandelt hatten, wurde den Truppen der Einzug gestattet. Unterdessen hatte sich die mainzische Besatzung auf den Petersberg zurückgezogen. Einmarsch in Erfurt: Gegen 4 Uhr nachmittags erfolgte endlich der Einmarsch. Niemand aber in Erfurt ahnte, daß der König selbst beim Heere war. Eine Abteilung grüner Husaren eröffnete den Zug. Ihr folgte der König mit seinem Bruder Heinrich und einem ansehnlichen Gesolge von Generalen. Kaum hatten ihn die Erfurter erkannt, als ein vieltaufendstimmiges Hurra ihm entgegenfchallte. Der König, sichtbar erfreut, erwiderte den Jubelgruß mit großer Leutseligkeit und Freundlichkeit. Er trug wie immer die einfache, blaue Uniform, welche nur ein kleiner, silberner Stern auf der Brust zierte. Hinter dem König und seinen Begleitern ritt ein Dragonerregiment, dem zwei Abteilungen Husaren folgten. Den Schluß bildete ein Regiment Infanterie mit fliegenden Fahnen und klingendem Spiel. Die Truppen, mit denen der König seinen Einzug gehalten hatte, wurden in der Stadt einquartiert. Die Dragouer besetzten die Torwachen und sonst noch einige Posten in der Stadt. Der König selbst verlegte sein Hauptquartier nach Ilversgehofen und nahm dortselbst im Bechmann'schen Hanse Wobnnug (Alte Fritz-

3. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 176

1911 - Erfurt : Keyser
— 176 — borgen und wurde von ihm sehr übel vermerkt. Er erteilte darum den Befehl, die kurfürstlich mainzischen Staaten wie Feindesland zu behandeln. Der rheinische Hauptteil des Mainzer Gebietes lag für diesen Zweck zu weit ab, umso bequemer aber hatten es die preußischen Truppen mit dem Erfurter Land. Von Sachsen aus konnten sie jederzeit und ohne große Mühe ins mainzifche Erfurt einfallen und dadurch den Kurfürsten und seine Untertanen empfindlich strafen. 1. Einmarsch derpreutzen: Am Fronleichnamstage (19. Juni) 1757, an dem alljährlich eine große Prozession in Erfurt abgehalten wird^ erschienen die Preußen zum ersten Male vor den .toren der Stadt. Zu dem Feste war bereits eine ungeheure Zahl Fremder herbeigeströmt. Auch hatte man in allen Straßen, durch welche der feierliche Auszug ging, schon die Altäre errichtet, mit grünen Zweigen besteckt und mit frischem Laub und Blumen überstreut. Da erschienen m der Frühe des Festtages einige Offiziere mit einem Trommler vor dem Krämpfertor und forderten Einlaß. Alles geriet in Aufruhr. Die herrlich geschmückten Altäre wurden wieder abgerissen und der Umzug nur im Dom abgehalten. Die zahlreichen Fremden verließen durch die anderen Tore eiligst die Stadt. Nach einigen Verhandlungen wurde der preußische Offizier Major v. Marwiz eingelassen. Er verlangte, zum Statthalter geführt zu werden. Dort angekommen, erklärte er im Namen des Königs, daß dieser gezwungen wäre, die Lasten des Krieges auf Erfurt zu legen. Zugleich überbrachte er einen Brief feines königlichen Herrn. Der Statthalter verweigerte die Annahme. Da öffnete Major v. Marwiz den Brief und las ibn laut vor. Er enthielt die Bedingungen des Königs. Sie lauteten: Einräumung der Stadt und Entwaffnung und Gefangennahme der kaiserlichen und mainzifchen Besatzung. Hierauf wollte der Statthalter nicht eingehen. Er verlangte die Abfchickung eines Eilboten an den Kurfürsten nach Mainz, damit dieser selbst entscheiden könne. Major v. Marwiz schlug diese Forderung ab. Endlich einigte man sich aus freien Einzug der Truppen in die Stadt und Verbleib der Festung in den Händen der früheren Befatznng. Kurz nach 3 Uhr nachmittags rückte der Vortrab der Preußen ein und wurde bei den Bürgern einquartiert. Am folgenden Tage kam die Hauptmacht nach. Alle Soldaten, weit über 2000, hielten vortreffliche Manneszucht. Die Bürger waren, obwohl mancher vier Mann in feinem Hanfe beherbergte, sehr mit ihnen zufrieden und bewirteten sie mit vielem Vergnügen. Wenige Tage darauf wurde Generalmarfch geschlagen, und nachmittags um 4 Uhr verließen die Preußen mit Sack und Pack die Stadt. Der Marsch ging wieder zum Krämpfertor hinaus. Einige angesehene Bürger aber und zwei der vornehmsten katholischen Geistlichen mußten als Geiseln mitziehen, da die ausgelegte

4. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 124

1911 - Erfurt : Keyser
— 124 — lichen Fürsten das Recht, sich für die an Frankreich verlorenen Gebiete durch Besitznahme geistlicher Landgebiete auf dem rechten Rheinufer und innerhalb Deutschlands zu entschädigen. Für Preußen wurden diese Entschädigungen in einem Vertrage vom 23. Mai 1802 genauer festgesetzt. Es erhielt für einen Verlust von 48 Quadrat-meilen mit 140 000 Einwohnern einen Gewinn von 220 Quadrat-meilen mit 520 000 Einwohnern, darunter das Mainzer Eichsfeld und das Erfurter Land. Durch einen Erlaß vom 6. Juni 1802 erklärte König Friedrich Wilhelm Iii. diese Gebiete für seinen Besitz. Ju Erfurt hatte man hiervon noch nichts Bestimmtes gehört, als am 5. August für das hier in Quartier stehende Kaiserliche Bataillon der Befehl zum Abmarsch eintraf. Er erfolgte vom 12. bis 17. August. Wenige Tage darauf wurde allen Ortschaften des Kreises und der Stadt ein Schreiben der Kurfürstlichen Regierung bekannt gegeben, welches das Einrücken der preußischen Truppen als bevorstehend mitteilte. Tatsächlich war in der Nacht vom 20. zum 21. das preußische Besatzungskorps, bestehend aus einem Bataillon Dragoner und 3 Bataillonen Infanterie, zusammen 3500 Mann, unter den Generalleutnants von Voß und v. Wartensleben in das Erfurter Land eingerückt und stand in Ilversgehofen. Nachdem am 21. August in der Frühe ein Offizier in die Stadt gekommen war und der versammelten Regierung die Besitznahme angezeigt hatte, rückten um 9 Uhr die preußischen Truppen durch das Krämpsertor in die Stadt ein. Am Tor wurden sie von einer Abordnung des Stadtrates empfangen. Dann marschierten sie nach dem Platz vor den Graden, wo die vom Petersberg kommende kurmainzische Besatzung dem neuen Landesherrn Treue schwur und unter die preußischen Soldaten verteilt wurde. Tore und Zitadellen waren inzwischen besetzt worden. Nunmehr wurde auf der Statthaltern, dem Rathaus, und an allen Toren der preußische Adler entfaltet und die Besitz-nahme-Urkunde angeschlagen. Die Infanterie quartierte man bei den Bürgern ein, die Dragoner aber kamen auf die Dörfer. — Durch den Reichs-Depntations-Hauptschluß in Regensburg vom 25. Februar 1803 wurde die Einverleibung endgültig anerkannt, und die kaiserliche Bestätigung erfolgte bierzu am 27. April 1803. Nunmehr entschloß sich auch der König, das neuerworbene Land persönlich auszusuchen. Am 30. Mai 1803 traf er mit seiner Gemahlin in Erfurt ein und stieg in der ehemaligen Statthaltern ab (f. Nr. 65). Durch die wiederholten Besuche des Königs-Paares, vor allem aber durch das leutselige Wesen desselben söhnten sich die Erfurter mit der neuen preußischen Verwaltung aus, die ihnen infolge der knappen, soldatischen Art anfangs nicht behagt hatte. Erfurt unter französischer Herrschaft: Aber schon 1806 endete die neue Herrschaft Preußens über Erfurt. Drei Tage nach der Schlacht bei Jena (14. 10. 1806) ergab sich die Stadt schimpf-

5. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 226

1911 - Erfurt : Keyser
— 226 — Der Novemberaufstand: Im November erreichte die Erbitterung ihren höchsten Grad, als ein Teil der Landwehrleute der Erfurter und Weißenseer Kompanie einberufen und eingekleidet werden sollte. Anfangs war die Einkleidung auf den 19. November festgesetzt. Sie wurde aber durch einen nach Tausenden zählenden Volkshaufen gewaltsam gehindert, so daß man die Landwehrleute einstweilig in ihre Heimat entlassen mußte. Da aber diese vorläufige Entlassung höheren Ortes gemißbilligt wurde, erfolgte zum 24. November eine neue Einberufung. Und wirklich erschien auch, trotz aller Bemühungen der Aufrührer, früh um 8 Uhr ein großer Teil der Landwehr, namentlich die aus dem Landkreise, vor dem Exerzierhause (im Hofe des Augustinerklosters, heute Offizierkasino). Der größere Teil der Landwehr der Stadt Erfurt aber verweigerte den Eintritt in den Hof und zog dann, begleitet von einer großen Volksmenge, welche die Aufregung durch Geschrei und Toben noch mehr steigerte, vor das Zeughaus (Packhof, Ecke Bahnhosstraße), um dort die Einkleidung nötigenfalls mit Gewalt zu verhindern. Eine Aufforderung der Polizei-beamten an das Volk, den Platz zu verlassen, und an die Landwehrleute, nach dem Exerzierhause zurückzugehen, blieb ohne Erfolg; zuletzt mußten sich die Beamten zurückziehen, da man sich tätlich an ihnen vergriff. Nun wurde durch Hornsignale die Vür-gerwehr zusammengerufen. Diese erschien auch im Verlauf einer halben Stunde auf dem Anger, doch nicht vollzählig, da viele bessere Bürger ausblieben, und rückte in die Nähe des Zeughauses. Es gelang ihr aber nicht, die Menge zum Auseinandergehen zu bewegen, wohl aber gesellten sich zu ihren Reihen viele andere, teils mit Flinten, Hacken, Mistgabeln, gradgeschmiedeten Sensen usw. bewaffnete Personen, die von Männern geführt wurden, welche wie Bürgeroffiziere gekleidet waren. Und diese Menschen wurden von einem Teil der Bürgerwehr brüderlich begrüßt. Da muß man sich wirklich fragen, wie der Oberführer der Bürgerwehr eine solche mit allerlei Mordwerkzeugen bewaffnete Rotte in seinen Reihen hat dulden können. Seine Pflicht wäre es unbedingt gewesen, diese Rotte unschädlich zu machen, sie nötigenfalls vom Militär entwaffnen zu lassen. — Zu gleicher Zeit hatte sich auf dem Anger auch eine Menge Frauen mit Säcken und Körben aufgestellt, um, wenn es zur Plünderung käme, gleich bei der Hand zu sein. — Nun ereignete sich folgender Zwischenfall. Ein Zug Kürassiere wurde von dem Platze vor der Kommandantur am Anger nach dem Friedrich Wilhelmsplatz gesandt. Als diese Patrouille in die Schlösserstraße kam, warf sich ihr ein mit Spießen, Aexten und dergleichen bewaffneter Haufe entgegen. Zwar gelang es ihm nicht, die Kürassiere zurückzudrängen; aber sie wurden mit Steinen beworfen, auch wurden drei Schüsse auf sie abgefeuert. Dieser Vorfall, sowie die Meldung, daß das gebildete Landwehrbataillon

6. 100 Geschichtsbilder aus Erfurt und Thüringen - S. 227

1911 - Erfurt : Keyser
— 227 — nicht nach dem Zeughause gelangen könne, veranlaßten den Generalleutnant v. Voß, an den Oberführer der Bürgerwehr die Aufforderung zu richten, die so gröblich gestörte Ordnung wiederherzustellen und den Anger zu räumen. Zugleich ließ er auch Generalmarsch schlagen zum Sammeln der Truppen auf ihren Alarmplätzen; es war morgens gegen 10 Uhr. Nach Rücksprache mit den Kompanieführern, die gerade zur Stelle waren, erklärte der Oberführer der Bürgerwehr, daß er nicht imstande sei, die Ordnung wiederherzustellen. Nun ließen Generalleutnant v. Voß und der Regierungspräsident „den Belagerungszustand für <^tadt und Festung Erfurt" verkünden, und der Oberführer forderte die Bürgerwehrmänner auf, den Platz zu verlassen, und erklärte, daß die zurückbleibenden als Hochverräter betrachtet werden würden. Dadurch erreichte die Wut des tobenden Haufens den Höhepunkt. Man ging mit Waffen auf den Oberführer los und zerbrach ihm den Degen; nur mit Mühe konnte er sich in das benachbarte Freundsche Kaffeehaus (Restaurant Kohl am Anger) retten. Ein Teil der Bürgerwehr zog sich zurück, ein anderer aber blieb mit den übrigen bewaffneten Personen auf dem Platze stehen. Da ertönten die Hörner zum Vorrücken des Militärs, welches vor dem Kommandanturgebäude stand. Sofort rückte eine Abteilung Kürassiere den Anger aufwärts, um denselben ohne Anwendung von Waffen zu säubern. Zwar teilte sich die Masse vor den Kürassieren, aber beim weiteren Vordringen wurden diese von hinten mit einer Anzahl Schüssen, wohl 20—30, also offenbar auf Verabredung, angegriffen und dadurch einige getötet und verwundet. Sofort erhielt eine Abteilung des 31. Jnfant.-Neg. den Befehl, den schwer bedrängten Kürassieren zu Hilfe zu kommen. Und wie diese mit Steinwürfen und Schüssen von Dächern und aus Häusern empfangen wurde, gab sie eine Gewehrsalve ab, wodurch die Volksmassen auseinanderstoben und sich teils über den Anger, teils in die Auguststraße (Bahnhosstraße) zurückzogen. Unterdessen halten sich einzelne Aufrührer den Weg nach der Lorenzkirche (Schlösserstraße) und nach dem Aegidienturm vor der Krämerbrücke gebahnt und mit den dortigen Glocken Sturm geläutet, jedoch ohne Erfolg. Mit der Vertreibung der Aufständischen hatte der Kampf nicht sein Ende erreicht. Es ist noch aus den Fenstern der Häuser am Anger und in den Straßen nach dem Bahnhof zu, in die sich die Flüchtlinge gerettet hatten, auf die Truppen geschossen worden. Und auch in der Auguststraße versuchte eine Menge Aufständischer sich nochmals zu widersetzen, indem sie neben der Reglerkirche vor der Augustbrücke eine Barrikade (Straßensperrung) und eine zweite beim Ausgang des Neuerbes in der Schmidtsledterstraße bauten. Man schob Wagen aus den Höfen, trug Bänke und Schränke aus den Häusern, häufte Wellen- und Scheitholz auf und legte Fässer, Wagenräder, Breiter und anderes Gerümpel darüber. Aber ein 15*

7. Lesebuch zur Geschichte Bayerns - S. 568

1906 - München : Oldenbourg
568 118. Die Schlacht bei Sehern. wobei ihr die massive Bauart der großen steinernen Häuser sehr zustatten kam; in den Straßen waren durch Barrikaden Abschnitte hergestellt. Allein wie fast immer handhabten die Franzosen den Sicherheitsdienst so gut wie gar nicht, sie hatten keine Posten aufgestellt und schlummerten im Schlafe der Gerechten innerhalb der Häuser. Unsere Truppen überfielen sie daher im buchstäblichen Sinne des Wortes, einzelne kleinere Abteilungen drangen, wie tags 'vorher die Jäger, bis an die Nordumfassung des Dorfes vor. Doch plötzlich tat sich der Schlund der Hölle auf: aus allen Gebäuden brach rasendes Feuer auf die Eindringlinge los, die ihrerseits dahin trachteten die Häuser in ihre Gewalt zu bringen. So entspann sich von Gasse zu Gasse, von Haus zu Haus der schrecklichste Kampf, der noch grausiger dadurch wurde, daß sich die in den Kellern versteckten Einwohner daran beteiligten und aus den bereits genommenen Häusern den Feinden in den Rücken schossen oder die Verwundeten massakrierten. Schon am vorausgegangenen Tage Hatten unsere Granaten an verschiedenen Stellen gezündet, nun brachen durch das Gefecht in mehreren Gehöften die Flammen hervor, dazu wurde an einzelne Gebäude, in denen den Verteidigern nicht beizukommen war, Brand gelegt und bald war der ganze Ort nur ein einziges wogendes Flammenmeer, in dessen Lohe und Glut der Kampf mit um so größerer Erbitterung und unter wechselndem Glücke fortgeführt wurde. Zu uns Hinter dem Bahndamm tönte das plötzlich losbrechende Toben des Kampfeslärmes ganz unheimlich herüber, unaufhörlich rollte das Knattern des Feuergefechtes durch die tiefe Stille der Nacht und in die wallenden Nebel hinein wie der Aufruhr von Dampf und Lärm im Krater eines Vulkans. Langfam und allmählich lichteten sich die Nebel — es ging auf 6 Uhr — dann drang über Bazeilles der Schein heller Röte herüber; aber es war nicht die rosenfingrige Eos, sondern der Schein der Flammen, welche die Gebäude verzehrten. Nach und nach wurde es heller und heller, der dichte Nebelbrei ballte sich zusammen, die Wolken hoben sich und einzelne gebrochene Sonnenstrahlen stahlen sich durch die wallenden Schleier. Nun ward es auch ober uns auf der Höhe lebendig. Schon längst waren die wackeren Kanoniere ungeduldig an ihren Geschützen gestanden; wie sich jetzt die Nebelschleier verzogen, begannen sie das Feuer gegen die nordöstlich von Bazeilles sich zeigenden feindlichen Heereshaufen und mit einem Male rollte dröhnender Kanonendonner über das weite Tal hin. Eine der ersten Granaten verwundete früh 6 Uhr den in die Nähe von Bazeilles vorgerittenen Marschall Mac Mahon.1) Die !) Den Oberbefehl über die Gesamtarmee der Franzosen übertrug der verwundete Marsch all mit Übergehung von zwei älteren Korpsführern dem General Ducrot. Dieser erteilte sofort die nötigen Befehle um den jetzt vielleicht noch möglichen Rückzug nord-westwärts anf Mezieres anzutreten. Allein der erst kürzlich aus Algier eingetroffene General von Wimpffen trug eine ministerielle Vollmacht bei sich, die gegebenen Notfalls

8. Geschichte - S. 88

1913 - Berlin : Oehmigke
— 88 — vervollständigen und die Bauern der Ordensdörfer zum Überfall aus die Stadt Cölln aufzubieten. Der Statthalter der Mark, Markgraf Johann, hatte gerade zu dieser Zeit eine Reise nach Palästina angetreten. Sein Stellvertreter, der Landeshauptmann von Bredow, griff befremdlicherweife nicht in die Angelegenheit ein, und so konnten die beiden erbitterten Parteien sie ungestört unter sich ausfechten. In der ersten Hälfte des September glaubte sich Nickel von Colditz stark genug, zur Ausführung der beabsichtigten Unternehmung schreiten zu können. Unter dem Wehen des Ordensbanners mit dem Johanniterkreuze brach er von Tempelhof in der Nacht mit 300 Rittern, angeworbenen Söldnern und den aufgebotenen Bauern der vier Dörfer gegen Cölln auf, um im Morgengrauen die Stadt zu überrumpeln. Der Mauergürtel von Cölln bestand aus einer mit Weich-häufern und Türmen versehenen steinernen Mauer, die bis zur Scharrnstraße teils durch die Spree, teils durch einen mit ihr parallel gezogenen Graben, dann aber bis zu ihrem Endpunkt durch morastige Wiesen gesichert war. Der letztere Teil war mithin für die damalige Kriegsführung während des Sommers fast unangreifbar. Als der schwächste Punkt dieser Befestigung durfte das von keinem Turm geschützte Köpenicker Tor (an der heutigen Roßstraßenbrücke) erachtet werden, und in richtiger Erkenntnis dieses Umstandes wählte deshalb Nickel von Colditz diese Stelle zu feiner Angriffsfront, wobei er freilich die Rückzugslinie nach Tempelhof preisgab und die Anlehnung an die Spree ihn auch der Gefahr aussetzte, bei etwaigen Ausfällen der Belagerten gegen den Fluß gedrängt zu werden. Andrerseits hatte er jedoch den Vorteil, seine rechte Flanke durch den Hauptarm der Spree und seine linke durch die große Wasserschlenke gebeckt zu sehen, die sich seitwärts der heutigen Grünstraßenbrücke bis zur jetzigen Kürafsierstraße ausbehnte. Da die Vorbereitungen zu dem Unternehmen nicht verschwiegen blieben, so waren die Bürger Cöllns und Berlins hinreichend veranlaßt, ihre Wachsamkeit zu verbvppeln und die Hilfe verbünbeter Städte heranzuziehen. Kaum hatte der Wächter auf der stäbtischen Warte in der Gegenb des Johannistisches das Signal von dem Anrücken des Feindes gegeben, als die

9. Geschichte - S. 89

1913 - Berlin : Oehmigke
— 89 — Glocken von St. Marien, Nikolai und Petri die Bürger zu den Waffen riefen. Während die Viertelsmeister ihre Abteilungen ordneten und demnächst die bedrohte Seite besetzten, sammelte sich die schwer geharnischte berittene Bürgerschaft und nährn Aufstellung in der Nähe des Gertrandtentores (an der heutigen Gertraudtenbrücke). Inzwischen war der Komtur bis auf Bogenschußweite vor das Köpenicker Tor gerückt und hatte hier, also in der Gegend der jetzigen Alten Jakobs- und Roßstraßen-Ecke seine Scharen zum Sturme geordnet. In der vorderen Reihe standen die Bauern der Ordensdörfer mit Faschinen, Wollsücken, Schippen, Hacken und Äxten, zwischen ihnen die Träger mit den Sturmleitern. Darauf kamen die Söldner mit Lanzen, Morgensternen, Helle-barden und Schwertern; hinter diesen standen die Armbrustschützen und die Reiterei, deren größter Teil als Fußvolk focht. Colditz gab deu Befehl zum Vormarsch, und unter dein Schlachtruf des Ordens „St. Johann!" setzte sich die feindliche Sturm-kolonne gegen das Tor in Bewegung. Der Bürgermeister von Cölln, Siegmund von Rathenow, der auf gegnerischer Seite den Befehl führte, ermunterte die Seinen zur Tapferkeit, und diese überschütteten die erste Reihe der feindlichen Kolonne derart mit Pfeilen und Steinkugeln, daß sie ins Wanken geriet und die Bauern die Flucht ergriffen. Inzwischen war die Reiterei der Städte durch das Gertraudtentor getrabt, hatte die Wasserschlenke, welche die linke Flanke der Johanniter deckte, umgangen und war im Rücken des Feindes erschienen. Da inan ihr Anrücken von den Türmen aus deutlich sehen konnte, so fielen im geeigneten Moment die Zugbrücken des Köpenicker Tores, und heraus stürzte unter Leitung ihrer Gewerksmeister das Fußvolk der Innungen. Die Söldner, die dem ersten Angriff ausgesetzt waren, wehrten sich tapfer: die Ritter eilten zu ihren Rossen, saßen auf und warfen sich der Reiterei entgegen. Längere Zeit schwankte der so entbrannte Kampf; auf beiden Seiten wurde mit gleicher Erbitterung gefochten. Endlich aber blieb dem Komtur nichts anderes übrig, als den Befehl zu geben, sich durchzuschlagen und den Rückzug anzutreten, wobei, ba die Richtung nach Tempelhof sich den Rittern verlegt fand, diese schließlich bett Weg nach Köpenick einzuschlagen gezwungen waren.

10. Geschichte - S. 100

1913 - Berlin : Oehmigke
— 100 — was sie sonst noch anstreiften konnten, herbeiholen zu lassen. Die Anzahl der Berliner war über 1500 Mann, die Spandower dagegen waren höchstens 800. Der Gottfried Schönicke wurde demnach in aller Stille beordert, ein Pferd zu nehmen und damit nach Staaken zu reiten, um dort die Bauern und Knechte, soviel wie anwesend waren und einen guten Knüppel führen könnten, zusammen zu nehmen, solche quer übers Feld nach der Gegend der Valentinsinsel und von dort auf Kähnen nach dem Saatwinkel zu führen. Dann sollte Schönicke während des Gefechts unter Begünstigung der vielen Gebüsche durch die Haselhorst den Berlinern in den Rücken fallen. Der Schönicke führte feine Sache so gut aus, daß er sich schon nachmittags um 3 Uhr an Ort und Stelle befand, ohne daß die Berliner etwas davon ahnten. Nachmittags um 2 Uhr begann man sich zur Feldschlacht zu ordnen. Es wurden zwei Schlachtordnungen gebildet: die erste hatte auf ihrem rechten Flügel die Bürger von Berlin, auf dem linken Flügel standen die Cöll-nischen, zum Hinterhalt waren die übrigen Berliner aufgestellt. In der Mitte hielt der Kurfürst mit einem kleinen Teile seiner Trabanten; auf der einen Seite hatten sie die Festung und den Graben, auf dem linken Flügel die Spree, hinter sich aber den Wald. Die Berlin-Cöllner nun, die so gut postiert waren, glaubten schon den Sieg in den Händen zu haben, triumphierten laut und forderten dabei immer die Spandower auf, herauszukommen. Die Spandower hingegen erkannten ihre Schwäche und das Unvorteilhafte ihrer Lage; doch munterten sie sich einander auf und erwarteten nur die Zeit, da ihr angeordneter Hinterhalt angekommen sein konnte. Sie zogen nun getrost, in kleinere Haufen geteilt, dem Feinde entgegen, und der Streit begann. Man hielt sich wacker hüben und drüben. Der Sieg schien nicht zu wissen, wohin er sich neigen sollte. Dennoch würden die Spandower schließlich überwunden worden sein, wenn nicht Gottfried Schönicke mit seinen leichten Truppen angekommen wäre. Dieser fiel plötzlich von der Haselhorst den Berlinern in den Rücken; der Hinterhalt war bald in die Flucht geschlagen, und nun ging es über die Hauptarmee los. Diese sah ihre Gefahr und hielt sich mit Erbitterung noch eine Weile; aber die „(Staakenschen“ unter Gottfried Schönicke gaben auch hier den Ausschlag und trieben endlich die vereinigte Berlin-Cöllnische Armee in die Flucht.
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